Interviews

Die Sängerin und Songschreiberin Bette über gute Details

Bette Maria Dandanell ist Teil unserer Summer-Read-Reihe – einer Reihe von Interviews, die Talente feiert und möglicherweise die gängigen Vorstellungen darüber, was in uns selbst und in anderen Talente zum Vorschein bringt, in Frage stellt, in ein neues Licht rückt oder gar erstrahlen lässt. 

Das Interview wurde von dem Journalisten Kasper Steenbach geführt.

Bette Maria Dandanell schaffte im Jahr 2019 unter dem Künstlernamen Bette mit der Single ‚Høre Dem Ikke‘ (Höre sie nicht) den Durchbruch, bevor sie drei Jahre später ihr Debütalbum ‚min‘ (mein) veröffentlichte. Bette ist Teil der Kampagne Mads Nørgaard – Copenhagen Spring 23.

Was ist die beste Zeile, die du je geschrieben hast?

Auf meinem Album gibt es eine Reihe von Textstellen, die ich wirklich mag. Aber wenn ich mich für eine entscheiden müsste, sind es wohl diese Zeilen aus dem Song ‚falder‘:

"Natten viser jeg ka‘ ik‘ bestemme, mørke og lys vil finde vej herhen, jeg venter på det bliver dag igen‘. (Die Nacht zeigt, ich kann nicht bestimmen, Dunkelheit und Licht finden stets ihren Weg, ich warte darauf, dass der Tag zurückkehrt.)"




In dieser Textstelle verwende ich die Nacht als Bild für ein Gefühl der Unsicherheit, das ich nicht gerne erlebe, aber zugleich auch als Bild für etwas Unvermeidliches, das ich akzeptieren und durchleben kann, statt dagegen anzukämpfen. Ich verwende Tag und Nacht, um das Gute und das Böse darzustellen, die beiden Begriffe sollen aber zugleich neutral verstanden werden. Wir glauben oftmals zu wissen, wann die Dinge in unserem Sinne laufen und wann nicht. Aber manchmal stellen wir nach einer Weile fest, dass es das Gegenteil von dem war, was wir gedacht hatten. Für mich bedeuten diese Zeilen, dass ich versuche, Zustände so zu akzeptieren, wie sie sind, also mit der Offenheit, dass ich nicht weiß, was die Folgen sein werden, aber mit der Hoffnung, dass es gut werden wird. Mein Songwriting kann mit einem Satz beginnen, den ich im Kopf habe und von dem ich denke, dass er sich lustig anhört oder einen Rhythmus hat, den ich cool zu singen finde. Zumeist handeln meine Lieder aber von Gefühlen, die ich habe, oder von den Gefühlen anderer Menschen, die bei mir einen Eindruck hinterlassen haben. Sowie von den Nuancen dieser Gefühle. Nur sehr wenige meiner Lieder sind ausschließlich fröhlich oder ausschließlich traurig. Ich versuche immer auch auf die Zwischentöne zu achten: Mit der großen Liebe kommt auch die große Angst vor dem Verlust. Schmerz kann auch von Motivation begleitet sein. Auf die Motivation wiederum kann der Zweifel folgen. Zweifel kann sich in Tatkraft wandeln ...

 

 

Auf welches Detail in einer deiner Kompositionen bist du besonders stolz?

Es gibt viele Details, die ich liebe, aber über diese zu sprechen, würde wohl etwas zu sehr einer Nabelschau gleichkommen. Zudem fällt es mir schwer, ein Detail herauszugreifen. Aber eine Stelle, auf die ich in einer Komposition besonders stolz bin, kann z. B. eine Akkordfolge in einem Song sein, die immer und immer wieder wiederholt wird, und dann fügen wir vielleicht einen Refrain hinzu, der dieselbe Akkordfolge anders klingen lässt. Es können auch Stellen mit einem radikalen Wechsel in der Tonart oder im Rhythmus sein. Aber wenn eine einfache Idee immer weiter funktioniert, obwohl sie immer wieder wiederholt wird, macht mich das wirklich stolz. Ich denke, ein gutes Beispiel hierfür ist der Refrain im Lied ‚samme ting ny sang‘ (gleiches Ding, neues Lied). Es werden nur sehr wenige Töne verwendet und es gibt viele Wiederholungen, aber für mein Ohr wird es dennoch zu keiner Zeit langweilig.“

 

 

Wie vermeidest du Klischees in deinen Texten und in deiner Musik?

Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich das tue. Ich denke, so vieles ist ja Klischee. Und ich versuche, mich in meinen Geschichten nicht davon einschränken zu lassen, dass manche sie für ein Klischee halten könnten. Das sind ziemlich bewusste Gespräche, die ich mit mir selbst führe. Wenn die Geschichte stark genug ist, darf man meiner Meinung nach alles machen. Und wenn mir eine Zeile zu abgenutzt erscheint, versuche ich sie mit etwas aufzufrischen, das ich lustig finde oder das zum Denken anregt. Ich denke, dass das Klischee dadurch manchmal zulässig wird, manchmal wird dadurch aber auch der Weg für einen neuen Gedanken geebnet, der das Klischee überflüssig macht. Ich finde ein Lied wie ‚min?‘ (mein?) ist voll von Klischees.  Während des Liedes schaue ich in den Himmel, um Antworten zu erhalten, ich rufe nicht zurück und ich frage, ob du mein Baby bist. Aber ich bin der Meinung, dass der Song eine Naivität und eine Ehrlichkeit besitzt, die ihn zu einer süßen Sache machen – mit viel Platz für Klischees.